Josef Hüttemann: "Man hat sich damals in allen offenen Fragen geeinigt"
Seit 50 Jahren gibt es den Kreis Düren in seiner heutigen Gestalt. Einer, der die Geburtsvorbereitung hautnah miterlebt hat, ist Josef Hüttemann. Von 1965 bis 1997 war der heute 88-Jährige aus Mönchengladbach stammende Wahl-Gürzenicher für den alten und neuen Kreis Düren tätig, zunächst als Dezernent, dann als Kreisdirektor und ab 1981 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1997 als Oberkreisdirektor.
"Die Jahre vor der kommunalen Neugliederung waren eine spannende Zeit. 'Mein Landkreis bleibt Jülich!' lautete seinerzeit ein Slogan im Jülicher Land", erinnert sich Josef Hüttemann. Dort befürchtete man, ob der Größenunterschiede zwischen den beiden Kreisen zweitrangig zu werden. Der Kreis Jülich hatte seinerzeit 77.500 Einwohner und der Kreis Düren mit 157.500 mehr als doppelt so viele. Beim Territorium fiel der Vergleich weniger extrem aus: 327 Quadratkilometer für Jülich zu 549 für Düren.
Doch Stimmungen und Slogan sind das eine, verantwortungsvolles Handeln das andere. "Bereits ab Februar 1971 haben sich die Spitzen der beiden Kreisen zu Gesprächen getroffen und sich in einem vertrauens- und respektvollen Umgang miteinander beraten und in allen offenen Fragen geeinigt", weiß Josef Hüttemann. Für den Kreis Jülich waren das zunächst Landrat Wilhelm Johnen und Oberkreisdirektor Dr. Gustav Innecken, für den Kreis Düren Landrat Johannes Kaptain, MdL und Oberkreisdirektor Elmar Dünschede sowie dann auch Vertreter der Kreistagsfraktionen.
Um beiden Altkreisen gerecht zu werden, wollte man schon damals dem neuen Kreis den Namen Rurkreis Düren-Jülich geben. Doch der Innenminister wehrte das ab. Namensgeber sollte stets die Kreisstadt sein. Bei späteren Neugliederungsgesetzen hat man das in Düsseldorf nicht mehr so eng gesehen.
Dass der Kreis Düren nach 50 Jahren doch noch zu seinem damals gewünschten Namen kommen will, findet Josef Hüttemann, was die Hinzufügung von "Jülich" angeht, durchaus verständlich. Bedenken hat er bei dem Zusatz Rurkreis – wegen möglicher Verwechslungen mit dem Ruhrgebiet.
Vertreter des Innenministeriums haben damals die Zusammenfassung der beiden Kreise als geradezu ideal bezeichnet. Und die Entwicklung hat ihnen Recht gegeben. "Dazu hat", so Josef Hüttemann, "seit 1999 unser von großem Vertrauen der Bevölkerung getragene Landrat Wolfgang Spelthahn mit seinem Einsatz und seinen Ideen entscheidend beigetragen."
Josef Hüttemann hat sich von Beginn an in seiner Dürener Wahlheimat, in der er heute gerne mit seinem Pedelec unterwegs ist, sehr wohl gefühlt. Seine Ehrenämter in der Kirchengemeinde und im Eifelverein hat er mittlerweile aufgegeben. "Aber wenn Corona es zulässt, besuche ich weiterhin Seniorenheim, um bei den 'Treffen am Klavier' mit den Bewohnern zu singen und ihnen mit Erzählungen und gedanklichen Ausflügen eine Freude zu bereiten."
Peter Nieveler: "Es war richtig, größere Einheiten zu schaffen"
Dr. Peter Nieveler war Mitte 30, als in Nordrhein-Westfalen über die Kommunale Neugliederung diskutiert wurde. Der langjährige Lehrer am Mädchen-Gymnasium Jülich war politisch engagiert in der CDU seiner Heimatstadt Jülich, als an Ruhr und Rur über die Neuordnung der Landkarte diskutiert wurde.
"Ja, die Parole 'Mein Landkreis bleibt Jülich!' hörte man bei uns allenthalben", erinnert sich der heute 86-Jährige an die Zeit der Weichenstellung. "Jülich hat heftig dafür gekämpft, Kreisstadt zu bleiben, denn das war eine Jahrhunderte alte Tradition. Aber schlussendlich sei es richtig gewesen, die vielen kleinen Gemeinden und vor allem die Ämter abzuschaffen und größere Einheiten als Bezugsgrößen für politisches Handeln zu schaffen. "Auch wenn dadurch Bürgernähe verloren ging, weil mancher Ort nur noch mit einem Vertreter im neuen Gemeinde- oder Stadtrat vertreten war. Manche Dörfer hatten sich schon vor 1970 freiwillig zusammengeschlossen und somit Pflöcke eingeschlagen, bevor die Reform in trockene Tücher kam", erinnert sich Nieveler. Und daran, dass mancherorts noch eilig öffentliche Bauprojekte angestoßen wurden, an deren Kosten sich später die Nachbardörfer beteiligen mussten …
Mancherorts sieht der Christdemokrat, der ab 1984 im Jülicher Stadtrat saß und der Herzogstadt von 1994 bis 1999 als letzter ehrenamtlicher Bürgermeister diente, Langzeitfolgen der Neugliederung. "Dass uns Bettendorf, Engelsdorf, Floßdorf und vor allem Dürwiß abhandengekommen sind, hatte nachhaltige Folgen zum Beispiel für unsere Schullandschaft", weiß der Ehrenringträger der Stadt Jülich.
Blickt er mit einem halben Jahrhundert Abstand auf die große Reform, dann überwiegt das Positive deutlich. "Manch einem mag die Autobahn A4 noch als Barriere vor Augen sein. Unter dem Strich hat sich der heutige Kreis Düren aber überaus positiv entwickelt. Wer seine Geschichte nicht kennt, kommt nicht darauf, dass es hier einmal zwei Kreise gab", sagt er.
Ein wenig Stolz schwingt in seiner Stimme mit, wenn er über die zukunftsweisende Jülicher Bildungs- und Forschungslandschaft spricht. Dass der nun 50 Jahre alte Kreis demnächst Rurkreis Düren-Jülich heißen könnte, hält er für folgerichtig angesichts dieser Entwicklung.
"Es sind viele gute Projekte in der Pipeline des Kreises", sagt der 86-Jährige und nennt die Seenlandschaft und die Wasserstoffoffensive als Beispiele. "Ich hoffe, dass sich unser Kreis in den nächsten 50 Jahren genauso gut entwickelt wie in den letzten. Jülich ist meine Heimat, aber in Düren habe ich nie etwas Fremdes gesehen. Ich fühle mich im Kreis Düren wohl, hier hatte und habe ich ein ordentliches Leben führen können."
Die Kommunale Neugliederung und ihre Folgen
Am 1. Januar 1972 trat das sogenannte Aachen Gesetz in Kraft, das die kommunale Neugliederung regelt. Es wurde am 14. Dezember 1971 beschlossen und steht im Zusammenhang mit der großen Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen. Dazu wurden - vereinfacht gesagt - in unserer Region die beiden seit 1816 bestehenden Altkreise Düren und Jülich fusioniert. Aus ihnen wurde der heutige Kreis Düren.
Durch dieses Gesetz wurde das Gebiet des damaligen Regierungsbezirks Aachen sowie des Kreises zuskirchen neu gegliedert. Die kreisfreie Stadt Aachen wurde um die Gemeinden Brand, Eilendorf, Haaren, Kornelimünster, Laurensberg, Richterich und Walheim erweitert. Grenzberichtigungen gab es gegen Herzogenrath, Würselen und Stolberg. Die Gemeinden Aldenhoven, Alsdorf (Stadt), Baesweiler (Stadt seit dem 14. Januar 1975), Erkelenz (Stadt), Geilenkirchen (Stadt), Heinsberg (Stadt), Herzogenrath (Stadt), Hückelhoven (Stadt), Inden, Langerwehe, Mechernich (Stadt seit dem 23. Juli 1975), Monschau (Stadt), Nideggen (Stadt), Niederkrüchten, Niederzier, Schleiden (Stadt), Simmerath, Titz, Vettweiß, Waldfeucht und Wassenberg (Stadt seit dem 5. Juni 1973) wurden durch Fusion verschiedener Gemeinden neu gebildet, die Städte Düren, Eschweiler, Jülich, Stolberg, Würselen und Zülpich sowie die Gemeinden Hürtgenwald, Kreuzau, Linnich und Wegberg wurden durch Eingliederung benachbarter Gemeinden erweitert. Darüber hinaus gab es verschiedene Grenzberichtigungen.
Auf Kreisebene wurden – ungeachtet einiger Grenzänderungen – die Kreise Aachen und Monschau zum neuen Kreis Aachen, die Kreise Erkelenz und Selfkantkreis Geilenkirchen-Heinsberg zum neuen Kreis Heinsberg, die Kreise Düren und Jülich zum neuen Kreis Düren und schließlich die Kreise Euskirchen und Schleiden zum neuen Kreis Euskirchen zusammengelegt. Da der Kreis Euskirchen bislang dem Regierungsbezirk Köln, der Kreis Schleiden aber dem Regierungsbezirk Aachen angehört hatte, mussten die Regierungsbezirke an die Zusammenlegung angepasst werden. Durch Verordnung wurden die Stadt Aachen und die Kreise Aachen, Düren und Heinsberg dem Regierungsbezirk Aachen, der neue Kreis Euskirchen dem Regierungsbezirk Köln zugeordnet. Diese Maßnahme war nur kurzzeitig wirksam. Mit Wirkung vom 1. August 1972 wurden die beiden Regierungsbezirke Aachen und Köln zu einem Regierungsbezirk mit Sitz in Köln vereinigt. Am 4. August 1972 entschied der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, dass die Eingliederung der Stadt Heimbach in die Stadt Nideggen und einiger Grundstücke in die Gemeinde Simmerath verfassungswidrig und nichtig war, während die Eingliederung einiger Fluren in die Stadt Schleiden gebilligt wurde. Die Gemeinde Heimbach wurde damit wieder selbstständige Gemeinde im Kreis Düren.