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Kreis Düren

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Wenn das Handy zum Lebensretter wird

Die "Region Aachen rettet"-App alarmiert im Falle eines Herzstillstandes Ersthelfer in der Umgebung.

"Corhelper" alarmiert Ersthelfer in der Nähe

Es war an einem Sonntagmorgen als Alexander Berger erneut zum Lebensretter wurde. Gegen 7.30 Uhr schlägt das Handy des 38-Jährigen Alarm. Ein Mensch in seiner unmittelbaren Nähe in Nörvenich hat einen Herzstillstand und muss wiederbelebt werden. Alexander Berger zögert nicht, holt seinen Autoschlüssel. Die App navigiert ihn dorthin, wo eine Frau regungslos liegt und dringend Hilfe benötigt. Es ist der erste Einsatz für den Nörvenicher, bei dem eine App eine besondere Rolle spielt.

Alexander Berger ist gelernter Rettungsassistent und leitet heute die Feuerwehr in Euskirchen. Er hat schon einige Leben gerettet, kennt sich mit Extremsituationen aus. Daher hat er sich, wie rund 500 andere medizinisch qualifizierten Ersthelfer im Kreis Düren, bei der "Region Aachen rettet"- App, auch unter "Corhelper" bekannt, registriert. Diese App hat ihn an dem Morgen alarmiert. Sie hilft bei Notfällen dabei, dass Menschen so schnell wie möglich wiederbelebt werden können – noch bevor Notarzt und Rettungswagen vor Ort sind. Wie das funktioniert, erklärt der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes Kreis Düren, Dr. Detlef Struck: "Wenn ein Notruf in der Rettungsleitstelle eingeht und klar wird, dass ein Herzstillstand vorliegt, laufen drei Schritte zur Reanimation gleichzeitig ab." Zum einen werden der Rettungswagen und Notarzt losgeschickt. Innerhalb der gesetzlichen Vorgaben von 8 Min in der Stadt und 12 Min auf dem Land erreichen sie den Patienten – bei einem Herzstillstand ist dies häufig zu spät, denn schon nach drei bis fünf Minuten treten bleibende Schäden im Gehirn auf, da das Blut mit Sauerstoff nicht mehr durch den Körper zirkuliert. "Daher ist es wichtig, dass sofort mit einer Herzdruckmassage begonnen wird. Hier hilft der Leitstellendisponent dem Anrufer am Telefon bei der Reanimation und erklärt genau, was zu tun ist", weiß Struck. "Viele haben Angst, etwas falsch zu machen. Aber das ist der schlechteste Gedanke, den man haben kann. Denn im Gegenteil, wer gar nicht handelt, der macht etwas falsch."

Eine Herzdruckmassage und der Defibrillator können Leben retten. Alexander Berger und Detlef Struck (v.l.) demonstrieren die Reanimation.

Läuft die Reanimation am Telefon, werden gleichzeitig über die "Region Aachen rettet"-App nur die Ersthelfer informiert, die sich in der Nähe des Patienten befinden – so wie Alexander Berger. Nach vier Minuten ist Berger bereits vor Ort und sieht die Frau am Boden. Er löst den Ehemann, der von Beginn an reanimierte, ab. "Es ist zwar schon einige Jahre her, dass ich Rettungsdienst gefahren bin", erinnert sich Berger an seinen Einsatz, "aber man vergisst die Handgriffe nicht und man funktioniert in dem Moment einfach." Während er die Hände auf den Brustkorb der Frau presst, 100 mal in der Minute zirka fünf bis sieben Zentimeter tief drückt, um den Restsauerstoff im Blut zu verteilen, spricht er mit dem Ehemann und holt Informationen ein, die später für die Ärzte wichtig sein könnten. "Die Ersthelfer sind auch eine enorme Unterstützung für das Rettungspersonal und Notärzte, die beim Eintreffen direkt Infos bekommen und eventuell schon Medikamente vorbereiten können", ergänzt Struck.

Die Frau kommt ins Krankenhaus. Sie ist eine von 60.000 Menschen, die in Deutschland jährlich einen Herz-Kreislauf-Stillstand erleiden, rund 150 davon sind im Kreis Düren. Später erfährt Berger, dass die Frau überlebt hat und auf dem Weg der Besserung ist. "Das ist natürlich ein schönes Gefühl, wenn es so gut läuft, wie an dem Tag", erinnert sich Berger. Nach einem solchen Einsatz bekommen Ersthelfer, wenn die möchten, psychologische Unterstützung der Notfallseelsorge. "Das tut wirklich gut und hilft, denn nicht nur das eigene Erleben, auch der Schock und die Reaktionen der Angehörigen sind Einflüsse, die man verarbeiten muss", sagt Berger. Das gelte besonders dann, wenn ein Patient nicht gerettet werden kann. Ist der Rettungswagen weg, sind meist die Ersthelfer noch vor Ort bei den Angehörigen. Keine leichte Situation, darauf müsse man sich einstellen. "Bevor man sich bei der App registriert, muss man sich daher mit vielen Fragen auseinandersetzen und sicher sein, dass man solche Situationen auch allein bewältigen kann". Man müsse zudem schon bereit sein, wenn ein Notfall eintrifft, die Abläufe im Vorfeld durchgehen und benötigte Dinge bereitlegen. Es gibt keine Verpflichtung zu helfen, wenn die App anschlägt. "Wenn es die Situation gerade nicht zulässt, dann kann man die Anfrage auch ablehnen – auch damit muss man umgehen können", weiß Berger. Übrigens: Erst, wenn man die Anfrage zusagt, wird man zum Standort des Patienten navigiert. Die Adresse ist vorher nicht einsehbar. "Die innovative App gibt uns die Chance, Menschen vor bleibenden Schäden oder sogar dem Tod zu bewahren, deshalb nutzen wir sie. Es ist gut zu wissen, dass sie die Chance auf schnelle, qualifizierte Hilfe vervielfacht", sagt Landrat Wolfgang Spelthahn.

Alexander Berger und Detlef Struck (v.l.) wissen, dass die App leben retten kann.

Neben dem Ersthelfer wird über die App zusätzlich noch eine weitere Person gesucht, die einen Defibrillator zum Patienten bringen kann. Das tragbare Gerät gibt ein oder mehrere Stromstöße an das Herz ab und hilft dabei, dass das Herz wieder im richtigen Rhythmus schlägt. "Wir wollen, dass im gesamten Kreisgebiet noch mehr Defibrillatoren aufgestellt werden und öffentlich rund um die Uhr zugänglich sind", sagt Struck. Er und sein Team werten derzeit Kommune für Kommune aus, wie viele Reanimationen es dort gibt und in welchem Verhältnis die Defibrillatoren zur Verfügung stehen. "Wir gucken, wo noch welche hin müssten und arbeiten auch sehr eng mit den freiwilligen Feuerwehren zusammen." Besonders die Feuerwehrleute seien im Augenblick potenzielle neue "Corhelper". Zurzeit werden nur Profis und Semiprofis in die App aufgenommen, die (beruflich) das Wissen und die Erfahrung nachweisen können. "Der nächste Schritt ist, Laienhelfer aufzunehmen, die einen speziellen Reanimationskurs machen müssten. Aber das wird erst nach der Pandemie möglich sein", sagt Struck. Für ihn, sein Team und vor allem die Projektkoordinatorin Susanne Helten-Hensch sei es im wahrsten Sinne des Wortes eine Herzensangelegenheit, dass sich möglichst viele als Ersthelfer registrieren lassen. "Denn nur, wenn sich flächendeckend Ersthelfer finden, dann können wir mehr Leben retten. Das System lebt von dem Miteinander."

Weitere Infos

Infobox: Region Aachen rettet – das ist eine Initiative zur Verbesserung der Erstrettung von Notfällen in der Region. Partner sind die Rettungsdienste der Kreise Düren, Euskirchen und Heinsberg, der Stadt Aachen und der Städteregion sowie der Region Aachen Zweckverband. Dieser Zusammenschluss für ein derartiges Projekt ist in Deutschland bisher einmalig. Medizinisch qualifizierte Menschen, die sich bei der App registrieren wollen, können die Region Aachen rettet-App "Corhelper" im Appstore herunterladen. Weitere Infos gibt es auch unter www.regionaachenrettet.de (Öffnet in einem neuen Tab)

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